Biodynamischer Weinbau
Bei Frostgefahr hat sich der Einsatz von Baldrian-Präparat bewährt, ohne dass man Wunder erwarten darf!
Immerhin ist es eine sehr kostengünstige Variante. Erfahrungsgemäss wirkt es bei Fröste bis etwa -2°C. Ob dies aktuell ausreicht hängt wohl von der lokalen Situation ab.
Aktuelle Anregungen: siehe weiter unten!
Biologisch-dynamischer Weinbau findet aus vielerlei Gründen zunehmend Interesse - sowohl bei Produzenten wie bei Konsumenten, ob zertifiziert oder "nur" aus eigener Überzeugung!
Andererseits steckt der biodynamische Weinbau noch in den "Kinderschuhen". Erst langsam bildet sich ein Bündel von Erfahrungen. Diese Phase des Experimentierens wird sicherlich noch einige Zeit bestehen bleiben. Und wie in der biodynamischen Landwirtschaft überhaupt, wird auch dieser Weinbau ein ständig fortschreitender Prozess bleiben.
Hier sollen einige Erfahrungen und Anstösse gegeben werden, die Möglichkeiten des Einstiegs und der Weiterentwicklung zeigen sollen. Dies soll und kann an dieser Stelle nicht erschöpfend sein. Rückmeldungen über eigene Erfahrungen - ob nun bestätigend oder widersprechend - helfen, den biodynamischen Weinbau voran zu bringen, Qualität zu verbessern, Ressourcen zu schonen und die Umwelt zu schützen.
Drei Jahre Versuche mit Sachalin-Staudenknöterich:
Seit 2014 führen wir konsequente Versuche mit Sachalin-Staudenknöterich-Tee durch. Dieser hat eine pilzhemmende Wirkung.
Die Versuche in (zunächst) zwei kleinen Weinbergen haben sehr interessante Ergebnisse gezeigt. Aber es bleiben auch noch Fragen offen, weshalb die Versuchsreihe weiter geführt wird.
In 2015 blieben die Weinberge von stärkerem Pilzdruck weitgehend verschont. Die verbreitete Trockenheit sorgte für sehr gute Qualität, aber geringere Erträge.
Die Rezeptur wurde modifiziert, so dass die Aufwandmenge weiter reduziert werden konnte. Die Zugabe von Backpulver scheint ebenfalls vorteilhaft.
2016 war für unsere Versuche durch den aussergewöhnlichen Pilzdruck fast "ideal".
Die bisherigen Erkenntnisse aus drei Versuchjahren wurden in einem Essay und Vortrag zusammengefasst. Weitere Informationen auf Anfrage.
EM (Effektive Mikroorganismen) gegen Essigstich:
Eine Spritzung mit EM am Vortag der Ernte ist eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, Essigstich im Lesegut zu beseitigen. Die Bakterien veratmen den vorhandenen
Essig und der Most ist dann weitgehend frei von Essigstich.
Die Behandlung hält jedoch nur einen Tag an; d.h. muss die Lese z.B. wegen Regen verschoben werden, ist die Behandlung zu wiederholen.
Die in 2014 aufgetretenen Probleme mit der Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) zeigten, dass die blosse Veratmung des schon entstandenen Essigs kellertechnisch nicht unbedingt
ausreicht, und wenigstens eine frühe moderate Schwefelung angezeigt ist, um die eingetragenen Essigbakterien zu hemmen. Bei schweren Infektionen darf man allerdings keine Wunder
erwarten.
Kellertechnische Auswirkungen sind durch EM nicht zu erwarten und es gibt keine Wartezeit.
Aktuelles im Weinbau:
Es emphielt sich eine Schwefelspritzung sobald die Augen aufgehen, um überwinternde Pilze zu kontrollieren (namentlich Schwarzfleckenkrankheit).
Desweiteren kann mit einer Wasserglasspritzung Rote Spinne und andere Milben (Kräuselkrankheit) schon in frühem Stadium begegnet werden. Nützliche Raubmilben werden zu diesem Zeitpunkt noch nicht so stark geschädigt.
Beide Mittel sind mischbar und können gemeinsam ausgebracht werden.
Da Wasserglas Raubmilben schädigt, sollte es nicht zu oft eingesetzt werden (üblicherweise werden maximal 3 Anwendungen empfohlen). Deshalb sollte man damit "wirtschaften" (siehe unten: "Brennnesselauszug"); Wasserglas kann später noch sehr nützlich sein, vorbeugend gegen Botrytis und Stiellähme.
Neben den im Ackerbau üblichen Anwendungsempfehlungen haben wir einige Erfahrungen speziell im Weinbau zusammen getragen. Diese sind (noch) nicht erschöpfend und bedürfen ständiger Ergänzung oder Überarbeitung. Ausserdem sind sie im wesentlichen auf den Obstbau übertragbar.
Hornmist wird vorzugsweise (an Wurzeltagen) im Frühjahr ausgebracht, um das Bodenleben zügig zu aktivieren. Eine entsprechende Zugabe von Baldrianpräparat (507) in den letzten 15 Minuten der Rührzeit hat sich als vorteilhaft erwiesen.
Eine rhythmische Anwendung ist ebenfalls empfehlenswert; d.h. an drei aufeinander folgenden Tagen oder im Abstand von einer Woche zur gleichen Zeit.
Die Hornmistbrühe kann auch als Tunkbrühe bei Neupflanzungen Verwendung finden. Dabei werden die Wurzeln unmittelbar vor der Pflanzung etwa 30 Minuten in die Brühe gestellt. Dies dämpft den Pflanzstress.
Eine Anwendung des reinen Hornmistpräparates (im Gegensatz zum so gen. 500 P) auf das Laub, können wir nicht empfehlen; wir konnten hier Blattschäden beobachten.
Hornkiesel wenden wir auf die Triebe im fortgeschrittenen Frühjahr (etwa Fünf-Blatt-Stadium) an; auch hier ist rhythmische Anwendung empfehlenswert. Auf jeden Fall sollte Hornkiesel nach dem Hornmist kommen.
Im Juni, Juli, August und September jeweils um Neumond sorgt eine (vorsichtige) Nachmittagsanwendung für gleichmässige Reife der Trauben und des Holzes und Stärkung des Blattwerks.
Wir empfehlen eine weitere Anwendung gleich nach der Ernte, noch vor Blattfärbung bzw. -fall. So werden die Anlagen für das nächste Jahr gefördert.
Eine Anwendung zur "Qualitätssteigerung" lehnen wir ab!
Die Ausbringung der Kompostpräparate ist im biodynamischen Wein-, Obst- und Gartenbau häufig eine Herausforderung: Oft haben die Betriebe keine eigene Tiere, beziehen ihren organischen Dünger von Partnerbetrieben oder arbeiten mit Gründünger. Externer Mist oder Kompost kann vor dem Ausbringen auf die empfohlene Weise nachpräpariert werden. Dies erfordert entsprechenden Platz und Zeit.
Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz von Fladen- und Kombipräparaten.
Fladen- oder Kombipräparate sollten - ob selbst hergestellt oder erworben - auf jedem biodynamischen Betrieb verfübar sein. Nach (ggf. auch während) dem Schnitt, der Laubarbeit, dem Mulchen und dem Blattfall sorgen sie für eine zügige Rotte und beugen einer Reihe von möglichen Krankheiten vor, die auf organischem Material (Rohhumus) verweilen und zu Infektionsherden werden können (im Weinbau namentlich z.B. Roter Brenner oder Schwarzfleckenkrankheit).
Baldrianpräparat (507) sollte ebenfalls in ausreichender Menge verfügbar sein. Es kann - ausser als Glied der "Serie" - eingesetzt werden als
Schachtelhalmpräparat (508)
Das Schachtelhalmpräparat nimmt in Steiners "Landwirtschaftlichen Kurs" viel Raum ein. Trotzdem ist dessen Anwendung in den Demeter-Richtlinien nicht vorgeschrieben.
Nach unseren Erfahrungen stabilisiert die konsequente Anwendung den Weinberg hinsichtlich den verbreiteten Pilzinfektionen (Oidium und Peronospora) längerfristig doch sehr deutlich. Deshalb empfehlen wir sie dringend als wirtschaftliche biodynamische Vorsorgemassnahme!
Brennnesselauszug
Brennnesselauszug ist einfach zu bereiten. Die milde, Nützlinge schonende, insektizide Wirkung hilft, z.B. bei beginnendem Milbenbefall die Zeit zu überbrücken, bis die Nützlingpopulation nachgezogen hat.
Ausserdem schützt der Auszug vor Sonnenschäden.
Herstellung:
In ein entsprechendes Gefäss grob gehacke Brennnesseln geben und mit Wasser auffüllen. Je nach Witterung (Temperatur) 6 bis 24 Stunden stehen lassen, evt. ab und zu umrühren. Beim Hineinfassen sollte es deutlich kribbeln. Der Auszug darf aber noch nicht gären (bräunliche Färbung und intensiver Brennnesselgeruch, aber kein Gärschaum)!
Dann abgiessen, filtern und spritzen.
Der Auszug ist grundsätzlich mit sauren und neutralen Mitteln mischbar (Schwefel, Braunalge, EM usw.), nicht aber beispielsweise mit Wasserglas!
Der Brennnesselrest kann als Mulchmaterial verwendet oder, erneut aufgegossen, zu Brennnesseljauche vergoren werden. Dabei mindert die Zugabe von Steinmehl und etwas Fladenpräparat/Rottelenker Geruchsbildung und wertet die Jauche auf. Als Blattdünger unbedingt etwa 1 : 10 verdünnen!